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%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% Ende der Präambel %%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%
\begin{document}
\pagenumbering{alph}
\begin{titlepage}
\vspace*{\fill}
\centering
\huge
\textbf{Thesenpapier zu Joan Ackers \enquote{Hierarchies, Jobs, Bodies: A Theory of
Gendered Organizations}} \\[4cm] Hausarbeit im \textit{Gender Pro MINT} Aufbaumodul
\enquote{Gender und Organisation} des Zentrums für Interdisziplinäre
Frauen- und Geschlechterforschung \\ betreut durch Hanna Meißner\\ geschrieben von
Björn Ludwig \\Mat.-Nr.: 408230 \\ im Juni 2020
\end{titlepage}
\pagenumbering{roman}
\tableofcontents
\pagenumbering{arabic}
\section{Allgemeines zum Text}\label{sec:allgemeines-thema}
Die zentralen Fragestellungen des Textes sind:
\begin{itemize}
\item Wie kann \enquote{moderner Kapitalismus} charakterisiert werden?
\item Welche Voraussetzungen mussten für die Entstehung erfüllt sein?
\item Wo auf der Welt treten Elemente des \enquote{modernen Kapitalismus} anhand
dessen sich die Notwendigkeit einer Kombination von Faktoren schlussfolgern
lässt?
\item Welches sind die absehbaren oder bereits eingetretenen Folgen
\enquote{modernen Kapitalismus}?
\end{itemize}
\section{Max Webers zentrale Aussagen und These(n)}\label{sec:zentrale-thesen}
\subsection{Definition des modernen Kapitalismus}\label{subsec:definition}
Die im Text wiedergegebene Definition enthält die Formulierung: \enquote{Kapitalismus
ist [\ldots] die erwerbswirtschaftliche Bedarfsdeckung [\ldots] auf dem Wege der
Unternehmung}.
Auf den ersten Blick mutet der hier verwendete Begriff der Unternehmung schon an,
wie die im Seminar von uns zu untersuchende \textit{Organisation}.
Diesbezüglich gibt er die folgenden Thesen wieder:
\begin{itemize}
\item Alltagsbedürfnisse werden seit dem ersten Viertel des 20.
Jahrhunderts kapitalistisch, politische Bedürfnisse leiturgisch, also durch die
Erfüllung von Staatsbürgerpflichten gedeckt.
\item Eine ganz Epoche könne nur dann als \textit{kapitalistisch} bezeichnet
werden, wenn Bedarfsdeckung allgemein kollabierte, würde man den Kapitalismus
\enquote{wegdenken}.
\item Voraussetzungen für den von ihm definierten \enquote{modernen Kapitalismus}
sind:
\begin{itemize}
\item \textit{Appropriation} (:= Aneignung) aller sachlichen
Beschaffungsmittel (Grundstücke, Maschinen, Werkzeuge) für einen
Erwerbszweck durch private Unternehmungen
\item \textit{Marktfreiheit} ohne ständische Schranken
\item \textit{Rationale (:= berechenbare nach Weber) Technik} für
Herstellung und Vertrieb
\item \textit{Rationales (:= berechenbares nach Weber) Recht} ohne
(beispielsweise monarchische) Willkür
\item \textit{Freie Arbeit}, das heißt Personen sind rechtlich in der Lage
(anders als Sklaven) und wirtschaftlich genötigt (anders als Adlige)
ihre Arbeitskraft auf einem Arbeitsmarkt zu verkaufen)
\item \textit{Kommerzialisierung der Wirtschaft}, also Wertpapierhandel
und insbesondere \textit{Spekulation} als ein weiteres Moment
\end{itemize}
\end{itemize}
Demnach gebe es kapitalistische Ansätze seit jeher, kapitalistische Betriebe auch
schon im sechzehnten Jahrhundert, aber die Deckung der Alltagsbedürfnisse – und damit
wohl der Großteil aller Bedarfsdeckung – erfolgt erst seit der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts und nur im Okzident (:= Abendland, der westliche Teil Europas, besonders
Deutschland, England, Frankreich, Italien und die Iberische Halbinsel), nur dort und
dann kann also von \enquote{modernem Kapitalismus} gesprochen werden.
\subsection{Kommerzialisierung}\label{subsec:kommerzialisierung}
Die \textit{Kommerzialisierung} bedeute weiterhin insbesondere die Entstehung von
Anteilspapieren and privaten Unternehmungen und solchen des Staates und eine These
Webers dazu ist, das gäbe es nur im modernen (also seit der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts) Abendland.
Aktiengesellschaften zur Finanzierung von Kriegen und
Kolonialisierungsaktivitäten sowie zur Finanzierung von künftigen
Handelsunternehmungen werden von ihm als Beispiele genannt.
Des weiteren war Teil der Kommerzialisierung die direkte Staatsfinanzierung durch
Zwangsanleihen und Verpfändungen, welche vor allem deshalb nötig war, so lange im
öffentlichen Bereich keine Sicherheit über künftige Ausgaben und vor allem Einnahmen
herrschte.
Diese Zustände zu überwinden und somit Zwangsanleihen zu vermeiden halfen
im westlichen Kontinentaleuropa die Steuerpacht und in England das Exchequersystem
sowie zeitweise fürstliche Monopolpolitik bis zum Zusammenbruch dieser Praxis durch
parlamentarische Widerstände.
\textit{Spekulation} Nach Weber ist die Voraussetzung für Spekulation das Ausdrücken
von Vermögen in frei übertragbaren Wertpapieren.
Die großen Spekulationen im Frankreich (John Law) und England (Südseeblase) der
1710er Jahre, deren Ursache übermäßige Staatsverschuldung im Rahmen des spanischen
Erbfolgekriegs gewesen wären, dienten als prominente, erste Vertreter dieses weiteren
Moments, wie Weber die Spekulation bezeichnet.
In den ersten Jahrzehnten des 19.
Jahrhunderts begannen sich dann Spekulationsblasen in etwa 10 Jahresschritten zu
häufen, woraus auch Karl Marx seine Prophezeiung im \textit{Kommunistischen Manifest}
speiste, der Kapitalismus sei dem Zusammenbruch geweiht.
Die Ursache der Blasen wären Ungleichgewichte zwischen der Herstellung von
Produktionsmitteln, und dem Bedarf an den damit erzeugten Konsumgütern, womit
weitere wichtige Faktoren in den von Weber dargestellten Zusammenhängen erstmals in
Erscheinung treten, nämlich die Erfindungen rund um Kohle und Eisen, welche \enquote{die
Produktion von den organischen Schranken befreit, in welchen die Natur sie gefangen
hielt.}
\subsection{Kolonialpolitik}\label{subsec:kolonialpolitik}
Die Kolonialpolitik der europäischen Staaten führte \enquote{zu einer riesenhaften
Vermögensakkumulation innerhalb Europas} durch Monopolisierung
\begin{itemize}
\item der Kolonialprodukte,
\item der Absatzmärkte in die Kolonien,
\item der Transportmärkte von und zu den Kolonien.
\end{itemize}
Grundlage der Monopolisierung sei Gewalt gewesen und die Ausbeutung erfolgte entweder
feudal, also durch den Staat selbst, in den spanischen und portugiesischen oder
kapitalistisch durch Unternehmen, welche die Rechte an den Kolonien kauften in den
holländischen und englischen Kolonien.
Die kapitalistischen Kolonien arteten häufig in sogenannte \textit{Plantagen} aus, in
denen dann die Einheimischen als Zwangsarbeitskräfte missbraucht wurden.
Weber beschreibt das wie folgt:
\enquote{Die kapitalistischen Kolonien mündeten regelmäßig in die Plantage aus.
Arbeitskräfte lieferten die Eingeborenen.
Chancen für ihre Verwendung schienen sich außerordentlich zu erweitern, als man
dieses Arbeitssystem, mit dem man in Asien und Afrika gute Erfahrungen gemacht hatte,
auf Transozeanien zu übertragen suchte.}
Und entartet dann in den rassistischen Absätzen: \enquote{Es zeigte sich jedoch, daß
die Indianer für die Plantagenarbeit vollkommen untauglich waren.
Von da schiebt sich der Import schwarzer Sklaven [\ldots] nach Westindien vor.
[\ldots] Eine Parallele dazu bildet es, daß die Neger sich lange Zeit
zur Fabrikarbeit und zum Bedienen von Maschinen unfähig gezeigt haben: sie versanken
nicht selten in kataleptischen Schlaf.
Hier liegen wirklich einmal in der Wirtschaftsgeschichte Rassenunterschiede greifbar
vor.}
Nach seinen Angaben lebten in den Kolonialgebieten des 19.
Jahrhundert 7 Millionen Sklaven (bei einer Gesamtweltbevölkerung von 980 Millionen
nach Wikipedia) plus weitere 5 Millionen Menschen bis 1848, welche entgegen
englischer Gesetze in die englischen Kolonien transportiert wurden, so dass sich bis
zur Mitte des 19.
Jahrhunderts eine Sklavenanzahl gleich der Bevölkerung einer europäischen sogenannten
\textit{Großmacht} ergibt.
Als Vorbedingungen des \enquote{Erträgnisses der Sklavenarbeit}, also des
Gewinnerzielens aus der Unterdrückung von Sklaven, nennt Weber:
\begin{itemize}
\item strenge Plantagendisziplin
\item rücksichtsloser Verbrauch
\item permanenter Weiterimport
\end{itemize}
Trotzdem der enormen Ausmaße, habe laut Weber \enquote{die Vermögensakkumulation
[\ldots] durch Kolonialhandel [\ldots] für die Entwicklung des modernen Kapitalismus
nur geringe Bedeutung.} Diese These begründet er damit, dass der zugrundeliegende
Kolonialhandel \enquote{nicht an der Rentabilitätsberechnung auf Grund der
Marktchancen beruht}, sondern \enquote{auf der Orientierung am Beuteprinzip} und somit
nicht die spezifisch abendländische, für den Kapitalismus charakteristische und
erforderliche \textit{Rationalität} gefördert habe.
Weber resümiert, dass die Sklaverei zwischen den Jahren 1500 und 1800 Grundlage für die
Vermögensanhäufung in Europa war, aber nebensächlich für die Entfaltung der
gewerblichen Betriebsform und der kapitalistischen Organisation.
\subsection{technische Entwicklungen}\label{subsec:technische-entwicklungen}
Grundsätzlich sieht Weber bei England eine Vorreiterrolle für die kapitalistischen
Entwicklungen, weshalb sich seine Schilderungen zu den technischen Errungenschaften
hauptsächlich auf England beziehen.
Beginnend mit den holzkohlebefeuerten Hochöfen des 15.
Jahrhunderts, welche im Kriegsdienst standen, also keiner Erwerbstätigkeit dienten,
und Apparaten zur Wollmanufaktur, schildert er die Entwicklung hin zur Erfindung des
Verkokungsprozesses Mitte des 18.
Jahrhunderts und der Optimierung der Dampfmaschine Ende des 18.
Jahrhunderts.
Endlich wären alle Voraussetzungen geschaffen worden, das für die moderne Industrie
erforderliche Maß an Steinkohle zu produzieren, um den Bedarf an Eisen zu decken.
Zwischenzeitlich machten Waldverwüstungen durch die vorher benötigte Holzkohle und
ständige Wassereinbrüche vermutlich in die durch Wasserkraft betriebenen Apparate und
in die betriebenen Bergwerke die organischen Beschränkungen menschlicher erwerbs- und
produktionstätigkeit sichtbar.
Zusätzlich zur "Loslösung der Technik und damit der Erwerbsmöglichkeit von den
Schranken der den organischen Stoffen innewohnenden Gebundenheit" durch Verkokung von
Steinkohle für mehr Energie und Hochöfen zur Gewinnung von Eisen kamen zwei
wesentliche Faktoren hinzu.
Das Lösen der "Produktion von den organischen Schranken der Arbeit" wurde durch die
Mechanisierung des Produktionsprozesses selbst erreicht, also den Einsatz von
Dampfmaschinen in der Gewinnung von Rohstoffen und bei der Herstellung von Gütern.
Die Verbindung von Wissenschaft und Technik schließlich half überkommene Tradition zu
überwinden und durch zum Beispiel chemische Untersuchungen in Bezug auf die Verkokung
vormals unvorstellbares möglich zu machen.
Die Arbeitskräfte für die neuen Produktionen wurden dabei auf zwei Wegen rekrutiert.
Einerseits wurden Gesetze erlassen und insbesondere auf dem Land Verhältnisse durch
unter anderem Großgrundbesitz geschaffen, welche die Bevölkerung zur Arbeit in den
Fabriken zwangen, andererseits verwandelte sich das sogenannte
\textit{Kleinmeistertum} in Fabrikarbeiterproletariat.
\subsection{Absatzmärkte}\label{subsec:betriebstechnik}
Die neuerdings hergestellten Güter fanden insbesondere zwei Absatzmärkte
\begin{itemize}
\item Krieg und
\item Luxus.
\end{itemize}
Eine Folge der zunächst unermesslichen Produktions- und Transportkapazitäten waren
enorme Steigerungen des Bedarfs an Eisen für Geschütze, Geschosse und Kriegsschiffe,
Textilien für die Uniformen und Lebensmittel für die wachsenden Streitkräfte und die
immer häufigeren und längeren Feldzüge zu Lande und Ausfahrten der immer größeren
Kriegsschiffe.
Weber bemerkt noch, dass trotz der Tatsache, dass Spanien zu dieser Zeit 70\% und
andere europäische Staaten auch bis zu zwei Drittel des Staatshaushalts für Rüstung
verwendeten dies allein noch nicht den Kapitalismus begründen könne, weil einerseits
auch in China und dem Großmogulreich ungeheure Summen dafür aufgewendet wurden und
sich etwas wie der abendländische, moderne Kapitalismus dort nicht entwickelte.
Andererseits habe sich bei zunehmender Herstellung der benötigten Güter innerhalb des
Heeres selbst, also außerhalb der Erwerbsunternehmungen der Kapitalismus nicht
zurückgebildet.
Es bliebe das Heer bei einem Träger der kapitalistischen
Entwicklungen, aber als zweites noch der Luxusbedarf von Hof und Adel für den
Frankreich eine Vorreiterrolle übernahm.
Sinkende Kosten in der Produktion führten mit der Zeit zu einer Art
\enquote{Demokratisierung des Luxus}, was eine entscheidende \enquote{Wendung für den
Kapitalismus} bedeutet habe.
Trotzdem auch in Indien und China wiederum ein enormer Bedarf an höfischen
Luxusartikeln bestand, konnte sich dort kein Kapitalismus entwickelt haben,
weil dieser Bedarf leiturgisch bedient worden sei, also durch zwangsmäßige
Bürgerpflichten.
Die \textit{Demokratisierung des Luxus} im Abendland, also der Massenabsatz von
Surrogaten für Luxusgegenstände, sei derweil\enquote{gekennzeichnet durch Unterbieten
im Preise.}
Schließlich spiele für diesen letztgenannten Aspekt die sogenannte Preisrevolution im
Europa des 16.
und 17.
Jahrhunderts eine entscheidende Rolle, welche als Folge des kontinuierlichen
Edelmetallzustroms durch große Entdeckungen in den Kolonien entstanden sei.
Die daraus folgenden spezifisch unterschiedlicher Auswirkungen auf unter anderem
Landwirtschaft mit stetig steigenden, und gewerblichen Produkten mit nur wenig
steigenden order gleichbleibenden Preisen, hätte also durch relative Senkung der
Produktionspreise Anreize geschaffen den Gewinn zu erhöhen oder weitergedacht
auch mit erwerbsmäßiger Produktion zu beginnen.
\subsection{Zusammenfassung}\label{subsec:zusammenfassung}
Zur Kennzeichnung des abendländischen Kapitalismus fasst Weber zusammen, dass nur im
Abendland ein rationaler, also berechenbarer, Kapitalismus entstehen konnte, weil nur
dort die folgenden Dinge existierten:
\begin{itemize}
\item Verfassungen,
\item Fachbeamtentum,
\item staatsbürgerliche Rechte,
\item rationales Recht überhaupt,
\item Bürgertum überhaupt,
\item Städte im spezifischen Sinn,
\item Wissenschaft im damaligen Wortsinn,
\item rationale Technik und
\item rationaler Ethos der Lebensführung, also Rationalismus aus religiöser
Grundlage entstanden.
\end{itemize}
\section{Fazit}\label{sec:fazit}
In den Abschnitten über eine mögliche Definition von Kapitalismus und die
betreffenden Voraussetzungen führt Weber plausibel und konsistent einen Begriff des
Kapitalismus ein, der sich heute noch nachvollziehen und anwenden lässt.
Die Wiedergabe der Rahmenbedingungen und technischen, sowie kulturellen
Entwicklungen, welche Weber anführt, muten auf den ersten Blick stichhaltig und
faktenbezogen an.
Spätestens im Abschnitt über Kolonialpolitik wird allerdings deutlich, wie sehr wir
aus heutiger Sicht Webers Schlussfolgerungen misstrauen sollten, wenn er von sich in
der Wirtschaftsgeschichte zeigenden Rassenunterschieden schreibt und von der bewährten
Praxis der Plantagen.
Bezüglich der Wichtigkeit des Heeresbedarfs gegenüber des Luxusbedarfs bei der
Entwicklung des modernen Kapitalismus gibt es offenbar zu Webers Zeit noch
Uneinigkeit.
Seine Bezüge auf Parallelentwicklungen in Fernost klingen wieder auf den ersten Blick
plausibel, aber wenn er in seinem Fazit jeder als der abendländischen Kultur ohnehin
fast alle Voraussetzungen für seinen Kapitalismus-Begriff abspricht und zwar nicht in
Kombination sondern jede einzeln für sich, müssen wir auch hier wiederum skeptisch
werden.
Er spricht dann nicht mehr von dem zu Beginn angedeuteten komplexen
Zusammenspiel, sondern fasst für jede Bedingung für sich zusammen, dass sie woanders
nicht erfüllt gewesen sei.
Vermutlich ließen sich für jede einzelne dieser Unterthesen Gegenbeispiele finden und
die Untersuchung der Haltbarkeit dieser Thesen liefert möglicherweise interessante
Grundlagen für eine neuerliche Betrachtung Webers Definition von Kapitalismus.
Ein letzter Kritikpunkt fällt auf seine These, dass der Kolonialismus keinen
entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des Kapitalismus hatte.
Diese Behauptung lässt sich aufgrund zwei Umstände schlechter halten, als es zunächst
den Anschein hat.
Erstens wird im letzten Abschnitt die sogenannte Preisrevolution als
dem Kapitalismus vorausgegangen dargestellt, wodurch Anreize für kapitalistisches
Handeln geschaffen wurden, und andererseits räumt Weber ja auch die ungeheure
Vermögensakkumulation im westlichen Europa ein.
Zu erstens bleibt festzustellen, dass die Ursache der Preisrevolution vor allem
in Edelmetallzuströmen gefunden wird, welche ja eben Folge der Kolonialaktivitäten
waren, so dass hier ursächlich sehr wohl – etwas indirekter, als Weber ebendies
widerlegt – der Kolonialismus einen
weiteren entscheidenden Beitrag zur Begünstigung des Kapitalismus leistete und auch
der Einfluss des im Vergleich immensen Reichtums an materiellen Gütern müsste
tiefgreifend auf seine Auswirkung bezüglich der Kommerzialisierung der Wirtschaft
und des Entstehens der Kapitalmärkte und des Geldes in der für den Kapitalismus
charakteristischen Form untersucht werden, bevor sich der bedingende Zusammenhang
zwischen Kolonialismus und Kapitalismus negieren lässt.
\section{Beitrag von Max Webers \enquote{Wirtschaftsgeschichte} zum Thema des
Seminars}\label{sec:beitrag-zum-seminar}
Webers Begriff der erwerbsmäßigen Unternehmung lässt sich aufgrund der umfangreichen
Schilderungen von Rahmenbedingungen und historische Hinführung zu den letztlichen
Ausprägungen sehr gut auf Übereinstimmung und Unterschiedlichkeit zum heutigen
sozialwissenschaftlichen Begriff der \textit{Organisation} untersuchen.
Die bedingenden Faktoren der Selbstbestimmung über
\begin{itemize}
\item Mitglieder,
\item Zweck und
\item Hierarchie
\end{itemize}
ist zwar höchstens andeutungsweise Bestandteil von Webers Perspektive, können aber
mit Hilfe seines Textes auf allen drei Ebenen untersucht werden, zum Beispiel indem
vom Abbau ständischer Schranken die Rede ist oder das Verhältnis von besitzloser
Landbevölkerung und Großgrundbesitzern beschrieben wird.
Dennoch erstreckt sich Webers Untersuchungsgegenstand noch nicht auf alle Formen von
Organisationen, wie sie im heutigen Begriff erfasst werden und kann insofern für eine
vielschichtige, abstraktere Sicht auf moderne Organisationen vermutlich nur
Fingerzeige und historische Ansatzpunkte liefern.
% Die Literatur wird in einem eigenen Dokument im BibTeX Format erfasst: in
% diesem Fall: main.bib
\bibliography{main}
\bibliographystyle{babplain}
~\nocite{*}
\end{document}