Joan Ackers Text ist in fünf Abschnitte gegliedert. Die Rechtfertigung für einen Text über das Verhältnis von Gender und Organisation sieht sie in verschiedenen Aspekten: \begin{itemize} \item Geschlechterspezifische Arbeitsteilung habe ihren Ursprung teilweise in organisationeller Praxis \item das Gleiche gilt für Einkommens- und Statusunterschiede zwischen den Geschlechtern \item Organisationen seien Orte, an denen kulturelle Bilder von Geschlecht erfunden und reproduziert würden \item individuelle Geschlechteridentitäten werden in Organisationen geprägt \item ein wichtiges feministisches Projekt sei die Demokratisierung großer Organisationen und die Einflechtung humanistischer Ziele \end{itemize} Sie untersucht zunächst, welche Umstände dazu führten, dass nur wenige feministische Perspektiven zu Organisationen existierten ~\cite[S. 141–142]{acker:1990:HJB}. Anschließend befasst sie sich mit den aus ihrer Sicht bedeutenden dieser Perspektiven ~\cite[S. 142–145]{acker:1990:HJB}. Dabei beleuchtet sie vor allem auch die Unzulänglichkeiten der Theorien und deren Beziehungen untereinander. Im dritten Abschnitt formuliert sie dann ihre zentrale These ~\cite[S. 145–149]{acker:1990:HJB} und definiert dazu den Begriff der vergeschlechtlichten Organisation ~\cite[S. 146]{acker:1990:HJB}. Dann begründet sie ausführlich die Vergeschlechtlichung von Organisationen anhand der Verwebung mit außerorganisationellen, gesamtgesellschaftlichen Phänomenen. Im vorletzten Abschnitt ihres Textes stellt Acker eine Beziehung zwischen Kontrolle, Körper, Sexualität und Gender in Organisationen her ~\cite[S. 149–154]{acker:1990:HJB}. Ihre Schlussfolgerung schließt den Text zusammen mit einigen Perspektiven zu Organisationen ~\cite[S. 154–155]{acker:1990:HJB}. Im Folgenden gehen wir detaillierter auf die Abschnitte des Textes ein, um deren Aussagen genauer zu untersuchen. \subsection{Why so little feminist debate on organizations?} \label{subsec:why-so-little-feminist-debate-on-organizations?} Ackers einfachste Antwort auf die gestellte Frage ist die Offensichtlichkeit des Zusammenhangs zwischen Maskulinität und Organisationen. Außerdem sei die Organisationstheorie geprägt von ihrer Verwurzelung in der von Maskulinität geprägten Arbeitswelt. Konzepte zur optimierten Steuerung von Organisationen waren in einer feministisch geprägten Betrachtungsweise nicht hilfreich ~\cite[S. 141]{acker:1990:HJB}. In Folge dessen war generell auch wenig Grundlage vorhanden für weitergehende Betrachtungen. Die vorherrschende Meinung war ohnehin, dass Organisationen und ihre Hierarchien geschlechterneutrale Gebilde seien. Sexualität, Körper und Geschlecht spielten in der führenden Organisationstheorie keine Rolle ~\cite[S. 142]{acker:1990:HJB}. \subsection{Feminist analyses of organizations} \label{subsec:feminist-analyses-of-organizations} Eine der wichtigsten vorausgehenden Perspektiven ist diejenige von Rosabeth Moss Kanter in \enquote{Men and Women of the Corporation} ~\cite{kanter:1977:MWC}. Deren Kern ist, dass vermeintlich geschlechtsspezifischen Unterschiede in Organisationen ihren Ursprung tatsächlich in deren Strukturen haben. Sie begründeten sich vor allem in zahlenmäßigen Verhältnissen, also Zugehörigkeiten zu Minder- oder Mehrheiten oder in Alleinstellungsmerkmalen. Kanters Wahrnehmen einer männlichen Ethik in frühen Organisationen stellt für Acker dabei einen besonders gravierenden Mangel dar ~\cite[S. 143]{acker:1990:HJB}. Eine weitere Auseinandersetzung führte zur Theorie Ulla Ressners über die duale Struktur von Bürokratie und Patriarchat ~\cite{ressner:1987:THH}. Dabei existiere in Form der Bürokratie eine geschlechterneutrale Dimension in Organisationen, wodurch nach Acker die Verwobenheiten verdeckt würden ~\cite[S. 144]{acker:1990:HJB}. Als letztes wirft Acker ein Schlaglicht auf Kathy E. Fergusons \enquote{The Feminist Case Against Bureaucracy} ~\cite{ferguson:1984:FCB}. Darin würde zumindest schon der Ursprung der Bürokratie in männlicher Dominanz benannt. Allerdings wird der Bürokratie selbst, dem unterdrückenden Element in Organisationen, eine Körperlosigkeit und in Folge dessen Geschlechterneutralität zugesprochen ~\cite[S. 144]{acker:1990:HJB}. Diese besten feministischen Theorien ihrer Zeit leideten unter der Einschränkung der Grundannahme, Organisationen seien im Kern geschlechterneutral. Acker hingegen wollte zeigen, dass Maskulinität ein entscheidendes Element der Überlegenheit in Organisationen sei ~\cite[S. 145]{acker:1990:HJB}. \subsection{Organizations as gendered processes} \label{subsec:organizations-as-gendered-processes} Der Abschnitt startet mit einer Definition von Gender und anschließend der Definition vergeschlechtlichter Organisationen. Das wesentliche dabei ist, dass die Vergeschlechtlichung dabei integraler Bestandteil der mindestens fünf strukturierenden Prozesse in Organisationen sei ~\cite[S. 146–147]{acker:1990:HJB}. \begin{enumerate} \item Die Konstruktion von Trennungen entlang geschlechtsspezifischer Linien \item Die Konstruktion von Symbolen und Bildern, welche diese Trennungen erklären, ausdrücken, bestärken oder sich manchmal entgegenstellen \item Vergeschlechtlichte soziale Interaktionen \item vergeschlechtlichte Komponenten individueller Identitäten \item Fundamentale, fortschreitende Prozesse entstehender und konzeptionalisierender sozialer Strukturen \end{enumerate} In der Folge verdeutlicht Acker die Vergeschlechtlichung anhand von Stellenbeschreibungen und deren Bedeutung für die Aufrechterhaltung von Ordnung. Dabei begründet sie sehr stichhaltig, warum ihre Schlussfolgerungen zulässig und allgemeingültig sind. Es tritt die im Allgemeinen vertretene Auffassung hervor, dass Aufgaben und Hierarchien von konkreten Menschen getrennt seien. Diese Trennung sei nach Acker unzulässig, weil der konkrete Mensch von vornherein Teil der abstrakten Aufgabe oder Stellung in der Organisation sei. Aus Sicht einer Organisation orientiere sich das Idealbild eines solchen konkreten Menschen an realitätsfernen Eigenschaften. Zu diesen Eigenschaften gehöre insbesondere das sich völlig der Aufgabe Verschreiben und das Ausblenden aller außerorganisationellen Verpflichtungen. Zumindest im Kontext der Fortpflanzung sei dies für Frauen a priori nicht möglich. In der Annahme der Allgemeingültigkeit der Idealvorstellung steckt also eine implizite Vergeschlechtlichung der Aufgabe. Die zu der Aufgabe gehörenden Stellenbeschreibung und deren Verhältnis zur resultierenden Hierarchie impliziert wiederum deren Vergeschlechtlichung ~\cite[S. 149]{acker:1990:HJB}. \subsection{Organizational control, gender, and the body} \label{subsec:organizational-control,-gender,-and-the-body} Der vorletzte Abschnitt des Textes begründet umfassend die wesentliche Rolle des Körpers und der Sexualität der Agierenden in Organisationen. Deren Beitrag inner- und außerhalb von Organisationen sei wesentlich für die Entwicklung und Reproduktion bestehender Hierarchien. Dabei bezieht sie sich wieder auf den abstrakten, vermeintlich körperlosen, geschlechterneutralen, asexuellen, emotionslosen, sich nicht fortpflanzenden Arbeiter. Während der Herausbildung moderner Organisationen seien Frauen schon aus Militär und Klöstern zwecks stärkerer Kontrolle verdrängt worden. Heterosexualität zur Norm zu machen und Zölibat wären die Wege gewesen, um der verbleibenden Homosexualität zu begegnen. Dies verstärkte die allgemeine Trennlinie zwischen Heim und der kapitalistischen Produktionsstätte. Übrig blieben vermeintlich entkörperte Arbeitsplätze in geschlechterneutralen Organisationen, in der kein Platz für Fortpflanzung oder gar Gefühle seien. Dementgegen gibt es Beispiele für den gezielten Einsatz von Sexualität zum Zweck der Kontrolle ~\cite[S. 151]{acker:1990:HJB}. Als Beispiele nennt Acker einerseits Arbeitsplätze, in denen typisch feminine Eigenschaften gefordert werden, häufig zur Unterstützung von Männern. Darunter fallen aber auch Maßnahmen zur Stärkung männlichen Zusammenhalts oder zum Stressabbau beispielsweise durch pornografische Abbildungen in Umkleiden ~\cite[S. 152]{acker:1990:HJB}. Raewyn Connels Begriff der \enquote{hegemonialen Maskulinität} ~\cite{connell:1987:GAP} beschreibe so einen Machtanspruch aufgrund einer gewissen männlichen Heterosexualität. Den betreffenden Idealen könnten Frauen schon aufgrund ihres Körpers nicht gerecht werden ~\cite[S. 153]{acker:1990:HJB}. Zusätzlich stellt sich für Acker die Frage, welche anderen sozialen und kulturellen Elemente einen ähnlichen Beitrag leisten ~\cite[S. 154]{acker:1990:HJB}. \subsection{Conclusion} \label{subsec:conclusion} Joan Ackers Fazit ist eindeutig und klar formuliert. Die Begriffe, auf denen Management Entscheidungen und Theorien über Organisationen aufbauen, schlössen Frauen von vornherein aus. Dieser Umstand sei kein Versehen, sondern Teil der Natur von Organisationen und gilt in Teilen bis heute. Unter den großen Fragen, welche aus dieser Theorie folgten, ist vor allem diejenige des Umgangs mit dieser Erkenntnis. Acker vermutet, dass in der Forderung das zu ändern implizit stecke, Organisationen an sich zu überarbeiten und neue Ordnungen zu finden; Ordnungen, welche über den Organisationskontext hinaus gingen und die Beziehungen aller Betreffenden berücksichtigten. Dazu gehörten unter anderem die Beziehungen unter Kolleginnen und Kollegen, unter Kindern und Eltern, Freunden und Familie.